Eintrag 28

Freiheit, die ich meine…¹

Eigentlich mag ich diese Bildermeme in sozialen Netzwerken überhaupt nicht und halte mich normalerweise davon fern, solche meinerseits zu posten.
Aber.
Auf eine schräge Weise scheint mir das Obige, gerade was Mehrfachbeziehungen angeht, doch eine wichtige Wahrheit zu enthalten – insbesondere nach oligoamoren Maßstäben.

Gut, ja. Es berührt (mal wieder) das Thema Sexualität und die Freiheit der Liebe. Daß ich diesbezüglich mit dem Umgang, wie er z.T. in der Polyamory geübt wird, nicht einverstanden bin, das habe ich schon in meinem zweiten Eintrag beschrieben, in dem ich erkläre, warum ich mich dahingehend nun lieber als „oligoamor“ betrachte. Und in Eintrag 7 versuche ich auszudrücken, warum für mich in der Oligoamory Verbindlichkeit und Freiheit keinen Widerspruch darstellen.

Immer wieder also die Freiheit.
Insbesondere unsere persönliche Freiheit, die wir so oft in Gefahr wähnen, speziell wenn wir glauben, daß andere Menschen in unserer unmittelbaren Nähe uns darin irgendwie einschränken könnten.
Dabei sind wir, die wir in Dimensionen von Mehrfachbeziehungen denken, was „Freiheit“ angeht bereits sehr privilegiert.
Privilegiert? Ja, privilegiert. Wir haben ein Privileg. Das Maß an Freiheit, was unsere Beziehungsgestaltung angeht – welches wir uns individuell erarbeitet haben bzw. welches wir mit unseren Partner*innen teilen und uns gewähren – das ist ein Privileg.
Ein Privileg – ich bitte Dich, Oligotropos, was ist daran ein Privileg… Ich nehme eben meine persönliche Freiheit wichtig und möchte mich dabei nicht von irgendwelchen Konventionen einschränken lassen, das ist alles...“
Genau das ist ein Privileg, liebe Freund*innen.
Privileg: Das Ding was man hat und darum normalerweise nie darüber nachdenkt.
Das „Ding“ welches einem erst auffällt, wenn man sich z.B. plötzlich mal in einem anderen Kontext – als dem privilegierten (!) – bewegt.

Schnell dazu wieder ein persönliches Beispiel:
Also „wir Mehrfachbeziehungswünscher*innen“ wissen ja, daß das mit dem non-monogamen Dating nicht so einfach ist. Offen bekennt sich kaum jemand dazu; Gleichgesonnene, die auch Modelle ethischer non-Monogamie leben, kennt man im eigenen Umkreis eher selten. Bleibt wieder mal nur das www. Viele Plattformen, die sich mit non-Monogamie oder gar Polyamorie abgeben, gibt es aber auch dort nicht – und wenn, dann treiben sich da 200-300 der „üblichen Verdächtigen“ herum, die von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen verstreut sind – Mist!
Was bleibt? Richtig, sich in einem konventionellen Forum anzumelden. Mit 200 Teilnehmer*innen? Pah, da leben ja selbst in meiner Kleinstadt mehr Menschen… Mit 5000? Schon ganz nett – aber da geht doch noch was… Ah, schau da: Fast 30.000 Mitglieder. Das klingt gut. Ist auf ganz Deutschland bezogen zwar immer noch eine eher bescheidene Streuung (wenn man’s mal genau nähme) – aber wenigstens eine bessere Chance. Also flugs in so einem FB-Forum à la „Freunde finden und verlieben“ angemeldet. Und dann brav gemäß den Regeln am Freitagabend eine interessante und aufrichtige Vorstellung – natürlich mit extra angefertigtem, smarten Bild – eingestellt. Aufrichtig: Damit meine ich, daß ich selbstverständlich angebe, daß ich mich als Teil von Mehrfachbeziehungen auffasse (und in meinem Fall auch schon in einer bin).
Und dann hieß es ja nur noch abwarten.
Ok – natürlich hatte ich schon gesehen, daß, wenn eine Frau eine Vorstellung abgab, sich in kurzer Zeit (2-3h) rund 70 bis 80 Likes sammelten und im gleichen Zeitraum auch ein gutes Dutzend mehr oder weniger sinnvolle Kommentare, inklusive PN-Angebote. Bei den Männervorstellungen gab es an einem Tag (!) vielleicht 2 bis 3 Likes und manchmal hatte jemand kommentiert.
Ich dachte also, daß ich genügsam-optimistisch an die Sache herangegangen war – und wartete genau genommen auf den ersten dummen Kommentar zu meiner Angabe mit den Mehrfachbeziehungen. Auf das, was dann tatsächlich geschah, war ich trotzdem nicht so richtig vorbereitet.
In den folgenden 72 Stunden eines emsigen Forumwochenendes und eines darauffolgenden munteren Montags geschah… gar nichts. Kein Kommentar, nicht einmal ein alberner – und auch kein einziges Like. Auch nicht, als ich mich Sonntagabend selbst kommentierte, damit meinen Post wieder nach oben beförderte und noch eine Reihe biographischer Zusätze darbot. Gar nichts.
DAS, liebe Leser*innen ist Privileg. Also: Privileg, wenn es einem auf solch drastische Weise bewußt wird. Wenn einem klar wird, über welches exorbitante Maß persönlicher Freiheit man bereits verfügt, es sich verschafft hat, es gewährt bekommt – welches für andere Menschen ein absolut unvorstellbares No-Go, beinahe ein Makel, auf jeden Fall aber ein Rühr-mich-nicht an darstellt.
Selbst mit einem mäßig getarnten Vögel-Gesuch hätte ich in dem entsprechenden Forum wahrscheinlich mehr Reaktion erhalten als mit einer Vorstellung, die mich als seltsamen Vogel der non-Monogamie beschrieb. Vermutlich sogar, wenn ich mich mit dem gleichen Vorstellungstext als braven Single verkauft hätte – nicht aber als (potentiell) „vergeben“ nach den dortigen Anschauungen.
Auch das können Auswirkungen von Freiheit sein. Und dem Risiko, daß man mit der Freiheit eines authentischen Selbstausdrucks eingeht, wenn man „zu sich selbst“ steht.

Oligotropos, dann sei beim nächsten Mal eben nicht so unverblümt aufrichtig, sondern guck‘ doch erst mal, wie sich die Dinge entwickeln…

Das hast Du jetzt nicht gesagt – oder gedacht – oder doch?

Als Autor dieses bLogs möchte ich deutlich sagen, daß wir, die wir für ethische nicht-Monogamie eintreten – denen ihre Freiheit darum so wichtig ist – solch eine (Hinter)Tür mit der Entscheidung für unser Lebensmodell geschlossen haben.
Ja, aber meine Freiheit, zu tun und zu lassen, was ich will, wie ich will…!“

Ja unsere Freiheit. Über die derzeit wieder oft geredet wird, weil für viele Menschen auf dieser Welt dieses Privileg eben längst noch nicht so selbstverständlich ist, wie für uns. Sogar das vierteljährliche Magazin der Max-Planck-Gesellschaft, welches mir gestern ins Haus flatterte, widmete sich in der aktuellen Ausgabe diesem Titelthema.
Natürlich beschäftigt sich diese Zeitschrift mit der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre – aber das genügt, um hinsichtlich des vielstrapazierten Freiheitsbegriffs wieder Kontext herzustellen.
Denn unsere persönliche Freiheit wird in Deutschland maßgeblich vom Grundgesetz abgedeckt (insbesondere in den Grundrechten Artikel 1-19). Ich habe das Grundgesetz immer als sehr trocken und karg formuliert empfunden, bei genauerem Hinsehen sind seine knappen Wortlaute aber doch überraschend umfänglich.
Selbstverständlich liebe ich Artikel 1, der uns allen die volle Menschenwürde zuspricht – und wenn ich meine idealistischen 5 Minuten habe, dann denke ich, daß dieser Artikel doch ausreichend sein müsste, weil schon darin alles Wesentliche im Kern zusammengefaß ist.
Das könnte vielleicht sogar wirklich ausreichen, wenn wir, was Prof. Gerald Hüther in seinem Buch „Würde“ ja so treffend hinterfragt, uns stets in jeder Situation unserer menschlichen Würde und der der anderen Menschen bewußt wären.
Daß wir es nicht immer sind – und daß das mit der menschlichen Bewußtheit so eine Sache ist, scheinen auch die Mütter und Väter des Grundgesetzes gewußt zu haben. Denn schon in Artikel 2 Absatz (1) scheinen sie unsere eben verliehene Freiheit wieder einzuschränken. Und zwar interessanterweise mit den „Rechten anderer“. Und da wir im Grundgesetz bis zu diesem Absatz noch nicht weit gekommen sind, scheinen diese „Rechte anderer“ in wiederum deren Würde und deren Recht auf Persönlichkeitsentfaltung zu bestehen.
Tatsächlich. Ich werde als qua Gesetz in meiner persönlichen Freiheit durch die Würde und die Persönlichkeit anderer Menschen eingeschränkt…
Allerdings. Selbst ein so gewaltiges Privileg wie die Freiheit hat also Grenzen.

Ach so. Darum sitze ich später im Alter dann also allein auf der Bank. Weil mir eben meine vollkommene Freiheit gar nicht gewährleistet wird – und dann wird’s mit dem freien Sex natürlich auch nichts…
Äh – nein.

In meinem letzten Eintrag 27 habe ich dargelegt, wie schnell immer noch unser Wunsch nach wahrer Intimität mit dem Verlangen nach Sexualität „verwechselt“ oder gar damit gleichgestellt wird. Deswegen habe ich dort betont, daß es so wichtig ist, aufrichtig zu sich selbst zu sein, was denn hinter dem eigenen Bedürfnis steckt, sich Mehrfachbeziehungen im Leben zu verwirklichen. „Sexualität“, sagte Marshall Rosenberg² mal, „ist kein Bedürfnis, sondern eine Strategie.“
Ich habe mich erst über diese Zuordnung geärgert, dann lange gegrübelt – und schließlich erkannt, daß der alte Herr damit Recht hatte: Denn wir „Beziehungssucher*innen“ haben uns doch wegen der Intimität auf den Weg gemacht, wegen unserem Bedürfnis nach Vertrautheit, Nähe, Zuneigung, Verbindung und dem emotionalen Zuhause. Selbstverständlich kann da Sexualität zu einem Teil unserer Erfüllung gehören. Aber die Sexualität zum Bedürfnis zu erklären, wäre zumindest für mich nicht aufrichtig, denn damit würde ich das Teil zum Ganzen und zum Selbstzweck erklären, was für mich in jedem Fall nicht zutrifft (und wenn, dann bräuchte ich zur Erfüllung jedenfalls nicht so komplizierte Lebensmodelle wie die Poly- oder Oligoamory…).
Wenn ich mir aber wünsche, bis ins hohe Alter mit echter Intimität gesegnet zu sein (ich wiederhole: mit Vertrautheit, Nähe, Zuneigung, Verbindung und einem emotionalen Zuhause), dann brauche ich wohl auch diese „anderen Menschen“ in meinem Leben, mit denen ich diesen ersehnten und geschätzten Zustand erfahren kann.
Ach, Menschen findet man an jeder Ecke – bald 8 Milliarden gibt es jetzt schon davon auf der Erde…
Ja, mag sein. Gleichzeitig möchte ich auf mein obiges Erlebnis im Forum hinweisen, daß es für uns bisher nur sehr wenige Menschen gibt, die bereit sind, unseren privilegierten Beziehungsethos zu teilen. Und von denen kommen realistischerweise nochmals weniger überhaupt als Beziehungsmenschen für uns in Frage (und wir für sie, übrigens).
Genau darum ist es wichtig, daß ich nicht das Privileg meiner „großen persönlichen Freiheit“ umherschwinge wie die buchstäbliche Axt im Walde. Denn dabei schneide ich hier mal den einen in seiner Persönlichkeitsentfaltung (Hoppla…) und trete dort der anderen auf die Würde (Ups!). So werde ich garantiert irgendwann einmal einsam auf der Parkbank enden…

Ich muß also darauf achten, daß ich das Privileg meiner Freiheit quasi mit dem Privileg meiner erwählten Liebsten abschmecke, es damit sorgfältig austariere.
„Ethische Non-Monogamie“ heißt also in gewisser Weise, daß ich meine „persönliche Freiheit“ nicht mehr als unbewußtes Privileg („Hier komm‘ ich, mir kann keiner…!“) innehabe, sondern, daß ich mich stets in einem Dialog, fast in einer Art Tanz mit meiner Freiheit und der Freiheit der mich umgebenden Menschen befinde. Über diesem Dialog, über den Tanzenden, stehen die Begriffe Würde und Respekt – ein bißchen wie ein Motto, welches zugleich aber eine Art Selbstverpflichtung darstellt.
Denn der Dialog – oder Tanz – gelingt (nur) dann, weil alle Beteiligten nach der Maxime „Was ich wünsch‘, was man mir tu‘ – nur das füg‘ ich auch anderen zu“ (oder der bekannteren Negation: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg‘ auch keinem anderen zu“) miteinander umgehen. Auf diese Weise steht meine Freiheit, meine persönliche Entfaltung, meine Bedürfniserfüllstrategie immer in einem dynamischen Muster mit der Freiheit, der persönlichen Entfaltung und den Bedürfniserfüllstrategien der anderen.
Und aus dieser Dynamik auf diesem Spielfeld des Miteinanders, gehen alle bedeutsamen Werte der ethischen non-Monogamie hervor, seien sie poly- oder oligoamor: Mitgefühl, Wertschätzung, Kooperation, Selbstverantwortlichkeit, Versöhnlichkeit, Klarheit, absolut vollkommene Aufrichtigkeit – und ein gutes Maß an Gelassenheit.
Wenn wir uns all das wechselseitig gegenüber gewährleisten, dann hätten wir eigentlich schon gewonnen. Wenn wir immer wieder wechselseitig und gemeinsam auf diese Ziele hinarbeiten, dann sind wir auf einem großartigen Weg – denn wir haben verstanden, daß unsere persönliche Freiheit kein selbstverständliches statisches Privileg ist, sondern eine gemeinschaftliche Errungenschaft, für deren Gewährleistung wir jeden Tag erneut eintreten und unser jeweils Bestes geben.

Das Schlußwort möchte ich heute gewissermaßen dem satirischen Schriftsteller Johannes Trojan überlassen, dessen Text ich für die Oligoamory ein wenig abgewandelt habe:

»Es ist auffallend, daß in alten Geschichten ebensowenig von der Freiheit der Liebe als auch von der Freiheit überhaupt wie von einem besonderen Vorzug die Rede ist.
Die Liebe scheinen unsere Voreltern für selbstverständlich gehalten zu haben. Von der Freiheit konnten sie sich vielleicht noch keinen klaren Begriff machen, oder auch es mag ihnen, was sie als Freiheit der Liebe kannten, gleichfalls zu selbstverständlich erschienen sein, als daß es betont werden müsse.
Jetzt aber kann kein Liebender mehr vor einer Tasse Kaffee sitzen, ohne dabei aufs ausdrücklichste zu versichern, daß er sich „liebend und frei“ fühle und daß er ohne die Freiheit der Liebe durchaus nicht leben könne.
Möchte doch eine Zeit kommen, in der wieder weniger auf die Liebe und deren Freiheit beharrt wird.
Sie scheinen beide darunter zu leiden.«³

Weiterführende Links zum Thema:
Das ist aber meine Freiheit und ich darf das….oder?“ auf Polyplom.de
„Muss ich meinem Partner alles sagen?“ auf MySexySalad.com


¹ Diese Zeile stammt – von mir bewußt gewählt – aus dem gleichnamigen Lied von Max von Schenkendorf und Karl A. Groos, welches sie 1815 im Befreiungskrieg gegen Napoleon komponierten. Danach wurde das Lied in Preußen vor dem ersten Weltkrieg für den Schulunterricht in der sieben bzw achten Klasse besonders empfohlen und diente von da an der Kriegserziehung im Kaiserreich und später im Nationalsozialismus. Die Geschichte des Liedes ist eines der besonders traurigen Beispiele dafür, wie der Begriff „Freiheit“ lediglich zum eigenen Wohl – und damit auf Kosten der anderen – verzweckt wurde.

² Marshall Rosenberg hat in seinem Modell der „Gewaltfreien Kommunikation“ ein sehr ausführliches System menschlicher Bedürfnisse ausgearbeitet, die hinter jeder Kommunikation und Interaktion verborgen sind.

³ Originaltext von Johannes Trojan aus „Auswahl aus seinen Schriften“ (Stuttgart 1905): »Es ist auffallend, daß in alten deutschen Liedern ebensowenig von der deutschen Freiheit als auch von dem Deutschsein wie von einem besonderen Vorzug die Rede ist.
Daß ein Deutscher deutsch ist scheinen unsere Voreltern für selbstverständlich gehalten zu haben. Von der deutschen Freiheit konnten sie sich vielleicht noch keinen klaren Begriff machen, oder auch es mag ihnen, was sie als deutsche Freiheit kannten, gleichfalls zu selbstverständlich erschienen sein, als daß es betont werden müsse.
Jetzt aber kann kein Deutscher beim Glase ein Lied singen, ohne darin aufs ausdrücklichste zu versichern, daß er sich „deutsch und groß“ fühle und daß er ohne die deutsche Freiheit durchaus nicht leben könne.
Möchte doch eine Zeit kommen, in der wieder weniger auf die Deutschheit und die deutsche Freiheit getrunken wird.
Sie scheinen beide darunter zu leiden


PS: In der Zeit, in der ich den Artikel geschrieben habe, habe ich übrigens das Mem oben ins Forum gestellt. Es sind jetzt 48 Likes…

Eintrag 27

Intimitäten

Oligoamory.
Verbindlich-nachhaltige Mehrfachbeziehungen mit wenigen Beteiligten.
Das ist es, wozu ich mit meiner Suche aufgebrochen bin.
Das ist es, wonach auch Ihr vielleicht sucht, die Ihr meine werte Leser*innenschaft seid.

Was wünschen wir uns?
Einige wirklich echte, intime Beziehungen in unserem Leben zu führen.

Oh Intimität – die Du so gerne mißverstanden wirst…
Speziell seit dem 19.Jahrhundert, als ausgerechnet auch das Wörtchen „intim“ zu einer der vielen weiteren Nebelkerzen für „Geschlechtliches“ erwählt wurde – nur um ja nicht „diese Dinge/Vorgänge da“ näher bezeichnen oder bei einem richtigen Namen nennen zu müssen. Dieser Zeit „verdanken“ wir heute noch begriffliche „Errungenschaften“ wie z.B. „Intimhygiene“, „Intimrasur“ oder „Intimpiercing“ – und all diese Wörter geraten schnell unfreiwillig komisch, wenn wir statt des verschleiernden Derivats „intim“ doch mal die eigentlich gemeinte Materie konkret aussprechen. „Intim“, das ist so sinnstiftend wie die „private parts“ der Briten – und sagt genau genommen nur, daß es da wohl um irgendetwas gehen muß, was ganz persönlich und nah zu mir gehört.
Mag diese prüde Verwirrung aus Kaisers Zeiten eventuell noch belustigen, so ist der anhaltende Schaden, den die „Intimität“ mit ihrer schamhaften Anwendung auf „Geschlechtliches“ seit jenen Tagen erhalten hat, noch heute allgegenwärtig. Und weil wir heute auch nicht mehr „Geschlechtliches“ sagen, denn wir sind ja mittlerweile anglophon, so sagen wir „sexuell “ – wenn wir „Intimität “ hören: Da geht es also um Sex.

Wir, die wir uns nach echten, intimen Beziehungen sehnen, haben damit schnell vor der Welt – aber auch vor uns selbst – ein Problem. „Aha, Dir geht’s doch »nur« um Sex…! “ heißt es dann – und manchmal ist es fast egal, ob es der beste Kumpel oder eine eigene innere Stimme ist, die das so rundheraus wie stumpf heraushauen.
Autsch.

Die Twitter-Aktivistin Sassbox schrieb Anfang diesen Monats dazu:

»Oft wird angenommen, es ginge nur um Sex. Es geht nicht immer nur um Sex.
Intimität ist das was wir wollen.
Berührt zu werden. Angeschaut zu werden.Wertgeschätzt.
Angelächelt zu werden. Mit jemandem zu lachen.
Uns sicher zu fühlen. Zu spüren, daß wirklich jemand mit uns ist.
Das ist, wonach wir uns sehnen.
«

Solchen Aktivist*innen bin ich dankbar, wenn sie einem Wort auf diese Weise seine Ehre wiedergeben, es gewissermaßen zurückerobern.
Denn „Intimität“ stammt von dem lateinischen Wort „intimus/-a/-um“, welches dort übrigens den Superlativ des Wortes „intra“ (= innen) [Komparativ „interior (= innerer/weiter innen)] bildet.
Demgemäß (und da schließe ich mich schlicht dem Brockhaus-Lexikon¹ an) bedeutet „intim“: »innerst, vertrautest« 1) sehr vertraut, eng verbunden; 2) in jemandes Innerstem, tiefinnerlich; 3) bis in die letzte Einzelheit mit etwas vertraut; 4) anheimelnd, gemütlich.

Wir Sucher*innen von intimen Beziehungen wünschen uns also genau genommen menschliche Verbindungen, die in unserem Inneren Gefühle von tiefster Vertrautheit, engster Verbundenheit, von Vertrautsein mit dem Gegenüber (und des Gegenübers mit uns) sowie einem emotionalen Zuhause hervorrufen.
Ah!

Wer mir bis hier hin gefolgt ist, mag mir nun bitte die Gelegenheit geben, einige möglicherweise „lose Enden“ zu verknüpfen, die vielleicht durch einige Expeditionseinträge offen geblieben sind.
Zuvorderst: »Gefühle von tiefster Vertrautheit, engster Verbundenheit, vom Vertrautsein mit dem Gegenüber (und des Gegenübers mit uns) sowie einem emotionalen Zuhause« entsprechen exakt dem idealen Zustand, welchen Jean Liedloff das „Kontinuum“ und Daniel Hess „Einheitsrealität“ (= eine Realität von innerer Einheit) nennen – und auf die ich mich damit in meinem letzten Eintrag 26 beziehe. Nichts weniger also als die Sehnsucht nach einem Urgrund von sehr vollkommener Nähe und Hinwendung, von Zusammenhalt und Einssein.

Warum schrieb ich aber in Eintrag 26 gleichfalls von einem seltsamen „Erschrecken“ bzw. einer „Scham vor uns selbst“ angesichts solcher starken Wünsche nach Vertrautheit und Nähe?
Weil wir eben doch in einer „Trennungsrealität “ existieren.
Diese „Trennungsrealität“ hat dabei mehrere Aspekte, die uns einen vollständig „befreiten“ Umgang damit schwer machen:
Zum einen ist da das Element der Flüchtigkeit, den ich in Eintrag 19 anspreche:
Als raumzeitlich begrenzte und „endliche“ Lebewesen können wir nur schwerlich dauerhaft für immer einen Zustand – und sei er noch so erfüllend – festhalten. Schon Johann Wolfgang von Goethe hat das in seinem Drama „Faust“ in der Wette mit dem Teufel sehr deutlich gemacht: Bedingung der Wette ist dort der Satz „Werd‘ ich zum Augenblicke sagen:Verweile doch, du bist so schön! “. Dr. Faust – der Wettpartner des Teufels – hat damit quasi in jedem Fall verloren, da der Teufel sowohl auf das sich letztendlich doch immer wieder wandelnde Gemüt der Menschen bauen kann, als eben aber auch auf unsere Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies der „Einheitsrealität“, in der in diesem »Augenblick« alles perfekt an seinen Platz findet, und den man darum für immer festzuhalten wünscht.
Zum anderen ist da das „Loblied der Trennungsrealität“ welches wir quasi zu jeder Minute des Tages vernehmen.
Die seit den Zeiten der Aufklärung fortschreitende Individualisierung hat dazu geführt, daß wir Menschen derzeit vor allem einem Glauben an ein starkes und autonomes Selbst anhängen, dessen Moral oft von Maximen wie „Der Starke ist am mächtigsten allein.²“ oder „Ganz er selbst sein darf jeder nur solange er allein ist: wer also nicht das Alleinsein liebt, der liebt auch nicht die Freiheit: denn nur wenn man allein ist, ist man frei.³“. Klingt extrem? Kommt in der Welt der (Viel-)Liebe so nicht vor? Dann verknüpfe ich gerne nochmal auf meinen Eintrag 8, den ich mit einem Rajneesh/Osho-Zitat über unserer Alleinheit eröffnete – oder verweise auf die gegenwärtig in polyamoren Kreisen so angesagte Byron Katie, die in ihrem Buch „Ich brauche deine Liebe – ist das wahr?“ (Goldmann 2012) postuliert, daß andere Menschen für Liebesgefühle, die in uns ausgelöst werden „nur Spiegel sind – indem sie lediglich Gefühle in uns zum Vorschein bringen, die vorher schon da waren“.
In dieser Form von „Realität“ bräuchten wir „die Anderen“ also nicht, wenn wir nur fest genug unsere Eigenständigkeit und individuelle „Einheit“ pflegen würden…

Problem nur: In unserer „Realität“ sind die anderen Menschen um uns herum ja trotzdem existent, manchmal geradezu sehr real. Sie haben eigene Wünsche und Bedürfnisse, die sie mit ihren Strategien verfolgen und zu verwirklichen suchen. Sie haben – wie wir – auch Ängste, mit denen sie uns gelegentlich sogar anstecken, denn wir sind nun einmal soziale Wesen.
Wenn wir uns also selbst „verwirklichen“ wollen, wenn wir „frei“ von vermeintlichen Einschränkungen durch Fremdstrategien und Fremdängste sein wollen – tja, dann bleibt eben nur, das Heil in unserer „Trennungsrealität“ zu suchen. Sich dem täglichen Rattenrennen anzuschließen, das da heißt: Ich – und „die Anderen“.

Und doch: In uns „Beziehungssuchern“ bleibt sie da: Die Sehnsucht nach inniger Verbundenheit, nach „Seelenpartnern“, denen wir vertraut sind, so wie sie es uns sind, Sehnsucht nach „unserem Stamm“, unseren Zugehörigen.

Ein Mensch im Mittelalter hätte unseren Zwiespalt zwischen „Einheit“ und „Trennung“ bezogen auf das Zwischenmenschliche vermutlich kaum nachvollziehen können:
Wahrscheinlich wäre er sich aufgrund mangelnder Bildung seiner Individualität, ja seiner „Individuation“ kaum sonderlich bewußt gewesen. Im Alltag wäre er zudem überall dicht von den Leuten seiner Sippe umgeben gewesen. Zu mehreren hätte man sich nachts das einzige Bett geteilt, vielleicht aus der gleichen Schüssel gegessen, am engen Tisch hätte man dabei rechts und links die Körper der anderen Essenden gespürt, gerochen – und Leben wie Arbeit wären komplett in ein Netzwerk der Sippe mit ihren Abläufen eingebunden gewesen. Überall selbstverständliche Nähe und Familiarität. „Manchmal ist es vielleicht schon beinahe ein bißchen viel...“, hätte so ein Mensch möglicherweise gesagt, dabei wohl wissend, daß er als Gemeinschaftswesen von der gesamten Struktur in vielerlei Belangen getragen und unterstützt wurde – und darum sein Beitrag dazu ebenfalls notwendig war.

Wir Heutigen aber? Wir leben so nicht mehr. Wir sind in unserer „Trennungsrealität“ aufgewachsen, sind darin gewohnt, daß dort das Trennende hervorgehoben und obligatorisch ist. Spätestens seit dem Beginn der Industrialisierung im späten 19. Jahrhundert leben wir zunehmend in Kleinfamilien, seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ist die Haushaltsform „Single“ statistisch die am stärksten wachsende Sparte in allen westlichen Industrienationen.
Wir leben und arbeiten auch nur noch selten „Hand in Hand“. Viele von uns gehen Beschäftigungen nach, bei denen vor allem ein Bildschirm den Hauptarbeitsplatz und den einzigen Kontakt zur Außenwelt darstellt – Großraumbüros mit ihrer Zellenstruktur vielfacher Arbeitsnischen sind ein Zeichen der Zeit.
Stichwort Zeit, die ja bekanntlich Geld ist: Unsere Arbeitszeit wie auch unsere Arbeitsweise erlauben uns kaum noch Abschweifungen für wirkliche soziale Kontakte, echte Gespräche oder gar empathisch-zwischenmenschliche Momente. Berührungen sind dabei obendrein eine Seltenheit – auch hier hat unsere Trennungsrealität mit vielen Mechanismen dafür gesorgt, daß dieses Terrain sehr heikel geworden ist.

Was resultiert, ist eine Leerstelle. Eine Leerstelle, an der bei einer zunehmenden Zahl von Menschen eine Sehnsucht zu keimen beginnt, dieser Isolation in ihrem Leben etwas entgegenzusetzen. Menschen, die spüren, daß selbst mitten unter anderen Leuten kaum noch jemand irgendwen anders berührt, oder wertschätzend anschaut. Wo wenige Leute sich ein Lächeln gestatten, noch weniger zusammen laut lachen. In so einer Isolation fühlt man sich schnell unsicher. Denn in unserer Trennungsrealität können wir kaum erkennen, wer wirklich „mit uns ist“…

Da sind nun also wir „Beziehungssucher*innen“, in denen das Bedürfnis nach inniger Vertrautheit und Verbundenheit – nach Intimität – immer stärker wird.

Da haben wir uns aber etwas vorgenommen.
Denn zuerst einmal müssen wir uns eingestehen, daß wir dieses Bedürfnis haben.
Ja, wirklich aufrichtig eingestehen. Und das ist nicht leicht – denn wir verstoßen damit gegen alles, was uns die uns umgebende Trennungsrealität lehrt: Das der Starke am mächtigsten allein ist – und wir darum die anderen gar nicht brauchen DÜRFEN.
Und darum erschrecken wir uns dann vor uns selbst oder schämen uns sogar ein wenig, wenn wir uns bei diesem innersten (intimen!) Bedürfnis ertappen. Denn im harten Licht der Trennungsrealität würden wir damit als bedürftig gelten – und als abhängig.
Dann ist da vielleicht auch noch unser seltsames Begehr nach mehr als einem Nähe-Menschen. Denn vielleicht ist unser Bedürfnis in vielen Jahren sehr groß geworden, weil in einer Trennungsrealität die Intimitäts-Tankstelle nur sehr knappe Öffnungszeiten hat. Und weil diese knappen Öffnungszeiten der Trennungsrealität ihren Kräften geholfen hat, uns stets bei der Stange, fügsam und kontrollierbar zu halten… Offiziell gibt es derzeit in westlichen Industrienationen bislang nämlich staatlicherseits z.B. nur ein sanktioniertes Modell, in dem Liebe und Intimität unter Erwachsenen gewährt werden dürfen: Es nennt sich „Monogamie“ und gestattet lediglich zwei beteiligte Versorger*innen… Wer diesen Rahmen aufbrechen möchte, muß sehr mutig und nonkonformistisch sein, denn noch wird sie, es oder er in der Trennungsrealität auf die übrigen Teilnehmer*innen treffen, die eine solches „Überbedürfnis“ schnell als äußerst frivol und verdächtig empfinden werden.
Und überhaupt. Da sind sie dann…: Die „Anderen“. Die Anderen mit ihren kleinlichen Sorgen und Ängsten. Eltern, Kinder, Partner*innen, Liebste.
Endlich haben wir uns halbwegs trotz aller inneren Widrigkeiten zu unseren Sehnsüchten bekannt, versuchen obendrein entgegen den vorherrschenden Kräften eine Möglichkeit zu leben, in der Mehrfachbeziehungen möglich sind – und da kleben sie nun wie Klötze an einem: Diese Menschen, mit denen man im Leben in Systemen aus Verbindlichkeiten, Selbstverpflichtungen und Fürsorge verbunden ist. So weit sind wir gekommen. Aber so können wir niemals richtig frei sein – da haben der Schopenhauer und der Osho und die Frau Mitchell völlig recht: Wenn wir nur alleine wären, getrennt von diesen blöden Übereinkünften, die wir da mit irgendwelchen Menschen mal konkludent in irgendwelchen emotionalen Nahbeziehungen eingegangen sind – da wären wir jetzt schon viiiiel weiter… (*Ironie aus*)

So? Du möchtest also doch lieber davon „getrennt“ sein? Weil Dir freiwillig-konkludente Verbundenheit in Deiner Familie bzw. in Deiner Partnerschaft zu klebrig, zu begrenzend ist?
Dann ergeht es Dir wie der Frau vom Fischer („Von dem Fischer un syner Fru“), die sich am Ende der Reise in ihrem Pisspot wiederfindet: Willkommen (zurück) in Deiner Trennungsrealität.

Nein, Ihr Sehnsüchtigen, Ihr Romantiker*innen und Beziehungssucher*innen, die Ihr aufgebrochen seit, endlich dieses Gefühl wahrer Intimität zu finden. Vertrautheit, Wertschätzung, Verbundenheit und ein emotionales Zuhause sind immer „einschließlich“. Diese Werte existieren eben gerade nicht losgelöst vom Urgrund, sondern sind direkt mit all dem verbunden, was (schon) da ist. Und dazu gehören zuvorderst die Menschen, mit denen wir bereits direkt – in welcher Art auch immer – unser Leben verbindlich teilen. Denn mit diesen besteht bereits ebenfalls „Intimität“.
Und wenn wir den Begriff dahingehend ganz ernst nehmen – was wir ja wollen – dann sind diese Menschen doch gewissermaßen dadurch auch schon Teil unseres „Innersten“. Und wollte ich das ausschließen, würde ich wieder einmal mehr eine künstliche Trennung erzeugen.
Jede neue »intime« Beziehung, die ich also anstrebe, verbindet sich in mir mit den eventuell schon vorhandenen. Und darum spüre ich auch Sorgen und Nöte meiner Lieb(st)en wie meine eigenen: Es sind nicht ihre Einwände und Nöte, die mir kleinlich vorkommen und vor denen ich mich schützen und abgrenzen möchte. Es ist am Ende immer die Angst um mich selbst. Angst, daß ich meine Bedürfnisse nicht so erfüllen kann, wie ich es mir wünsche. Angst, daß ich mich darum in meinem Inneren zersplittern müßte, lauter kleine, voneinander getrennte Einheiten erschaffe, in deren jeder ich immer nur einen Teil von meinen Sehnsüchten leben könnte. Eine innere Zersplitterung, von der ich weiß, daß ich dadurch nie wirklich meinen inneren Frieden einer Einheitsrealität, eines echten „Kontinuums“ erfahren werde.

Uns bleibt also nur der „lange Weg“. Der da heißt: Vertrauen und Integration – wenn wir nach einer Gesamtheit all unserer Beziehungen in uns streben. Und deswegen war es dem Schriftsteller Saint-Exupéry so wichtig, in der Geschichte mit dem Fuchs darauf hinzuweisen, daß „sich einander vertraut machen“ immer Zeit benötigt (Eintrag 26).
Eben auch das „sich vertraut Machen“ mit uns selbst. Daß wir wohlwollend hinspüren, wie aufrichtig wir gegenüber uns selbst tatsächlich schon sind, wie viel „Unkonventionalität“ wir schon wagen können. Oder ob wir vorwiegend noch in die Fallen einer allzu vertrauten „Trennungsrealität“ tappen, obwohl wir versuchen uns mit entschlossenen Schritten unsere langersehnte Verbundenheit und Einheit zu erfüllen.

Das ist es, worum es in echten Mehrfachbeziehungen geht. Oder wie Morning Glory Zell-Ravenheart am Ende ihres Artikels, in dem sie zum ersten Mal das Wort „polyamor“ in die Welt brachte, sagte:
Die Zauberworte sind immer noch: Vollkommene Liebe und vollkommenes Vertrauen.

¹ 19. Auflage, Mannheim, 1989
² Friedrich Schiller, „Wilhelm Tell“, 1802-1804. 1. Akt, 3. Szene
³ Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph, aus „Parerga und Paralipomena“, 1851
Danke an Jay-O für den Hinweis auf das Twitterzitat und Dank an Cathal Mac an Bheatha auf Unsplash für das Foto.

Eintrag 26

Verbunden oder getrennt?

Nachdem ich nun ein halbes Jahr auf dem entlegenen Eiland der Oligoamory verbracht habe, komme ich nicht umher, diesen Zwischenbericht hier niederzuschreiben.
Denn so sehr mich die Insel und ihre freundlichen Bewohner in ihren Bann geschlagen haben, so frage ich mich gleichzeitig auch immer mehr, ob ich selber überhaupt für eine Expedition dieser Größenordnung bereit war – und bin.
Das ist ja so manches Mal die Herausforderung eines jeden Forschungsreisenden: Da bricht man mit Neugierde und Elan zu neuen Ufern auf – und ist manchmal trotz vermeintlich bestem Ansinnen nicht recht auf das vorbereitet, was man schließlich finden wird. Oder – oft ist es ja sogar so, daß man in gewisser Weise „mehr“ (oder „anderes“) entdeckt als man je zu hoffen gewagt hatte. Und sich plötzlich etwas unzulänglich einer größeren und sehr komplexen Wirklichkeit gegenüber sieht.
Als Forscher muß man dabei natürlich immer demütig eingestehen, daß es niemals „objektifizierbare Fakten“ als solche gibt. In alten Zeiten haben das die Wissenschaftler gerne mal geglaubt. Heute wissen wir längst, daß wir selber, die wir forschen, beobachten, zu verstehen suchen, eben keine neutrale „leere Tafel“ sind. Im Gegenteil, alles, was wir erforschen, beobachten zu verstehen suchen, stellt sich immer in den Kontext von dem, was wir in unserem Inneren schon mitbringen – es ist wie durch eine Art eigene Brille zu schauen, die wir eigentlich niemals abnehmen können.

Wenn ich in dieser Weise die oligoamoren Eingeborenen betrachte, dann kommt es mir ab und an vor, als ob uns doch mehr voneinander trennt, als ich zunächst gehofft hatte. Wie eine Art dicke Glasscheibe, die sich zwischen ihnen und mir befindet. Sie scheinen in einem Zustand zu existieren, den die Anthropologin und Autorin Jean Liedloff¹ „Das Kontinuum“ nannte – oder vielleicht besser verständlich mit dem Begriff des Autors Daniel Hess²: Sie leben in einer „Einheitsrealität“ ursprünglichen Glücks.
Wenn das mit der »Glasscheibe« zwischen ihnen und mir stimmen würde, dann würde das wiederum bedeuten, daß ich meinerseits hingegen in einer „Trennungsrealität“ existiere – und dafür gäbe es durchaus so einige Anzeichen. Und nicht nur dieses, daß mich die Oligoamoren manchmal etwas scheu „Ma’Vrik“ nennen – womit die Kinder hier übrigens auch einen aus dem Nest gefallenen Vogel bezeichnen – oder ein Tier, welches seine Herde verloren hat.

Wenn sich die Oligoamoren auf ihrem entlegenen Eiland eine gewisse kindliche Haltung bewahrt haben, dann hätten sie in der Tat noch einen wichtigen Teil „ursprünglichen Glücks“.
In bestimmt mehr als einem dutzend Expeditionseinträgen habe ich z.B. immer wieder um das so bedeutsame Kennzeichen der „Verbundenheit“ gerungen, die mir ein Kernpunkt der ganzen Oligoamory ist. Wenn die Eingeborenen hier nie aus diesem Paradies vertrieben wurden, dann verfügen sie über den großen Segen, daß sie niemals aus diesem Zustand gefallen sind. Täglich Verbundenheit zu erleben ist für sie selbstverständlich – und darum ist ihnen auch das Gefühl „ganz“ – also auch „heile“ – zu sein, niemals abhanden gekommen. Kein Wunder also, daß ich immer wieder fast ehrfurchtsvoll ihre Integrität bewundere und schätze – aber für sie ist dann ja „fortwährend aufrechterhaltene Übereinstimmung des persönlichen Wertesystems und der persönlichen Ideale mit dem eigenen Reden und Handeln“ auch keine Herausforderung wie für unsereins, denn für sie gibt es ja immerzu nur diese eine kohärente Einheit. Und nachdem ich diesen Satz hingeschrieben habe, wundert es mich auch nun nicht mehr, warum sie auf mich alle Zeit so energetisch wirken: Was für eine paradiesische Existenz, da ihre Gehirne auf diese Weise nahezu niemals in den Stress eines „Inkohärenz-Alarms“ geraten – und damit enorme Kapazitäten für friedvollere Prozesse und Kreativität frei haben.(zur Kohärenz siehe vorigen Eintrag 25). „Oligoamorer Flow“ müsste demgemäß eine geradezu phänomenale Erfahrung sein…

Was sagt mir das aber über mich, den Forscher?
Ich bin (leider) kein oligoamorer Einheimischer, ich bin vielleicht gerade mal ein Festländer mit non-monogamer Affinität. Ich stamme tatsächlich aus einer „anderen Realität“ – offenbar aus einer, in der ich mir den direkten Zugang zu einem allgegenwärtigen Gefühl von Verbundenheit sowie zu einer selbstverständlichen Einheit von Sein, Reden und Handeln verbaut habe.
Ich existiere also in einer „Trennungsrealität“.

Selbstverständlich ist es ziemlich leicht, nun diesen Zustand zu beklagen und darauf zu verweisen, daß ich es, als „Bewohner der alten Welt“ nicht besser wissen könne. Schließlich bin ich in einer Gesellschaft der Trennung aufgewachsen, in einem politischen System der Trennung und „die da oben“ sorgen tagtäglich dafür, daß weiterhin auch global vornehmlich das Trennende denn das Verbindende im Vordergrund des weltweiten Diskurses gehalten wird. Ein Klick auf jedes Nachrichtenportal und jedwedes soziale Netzwerk wird dies augenblicklich sehr leicht bestätigen.

„Trennungsrealität“, daß ist aber auch enorm praktisch. Denn auf diese Weise kann ich Kategorien erschaffen, ich erhalte Struktur, Ordnung in meinem Alltag. Und ist Systematisierung und Bewertung in diesem Sinne nicht auch ein kennzeichnendes Merkmal des gesamten Menschwerdungsprozesses? Es mag ja sein, daß die Schlange und ich Teil eines global-ökologischen verbundenen Gesamtzusammenhangs sind – aber am Ende war es schon für meine Vorfahren eine wichtige Eigenschaft, daß sie sich entscheiden konnten: Flucht oder Bleiben? Giftig oder ungefährlich? Anspannung oder Entspannung? Also haben Menschen schon immer täglich dutzende von grundsätzlichen Entscheidungen getroffen; um zu überleben, um sich fortzuentwickeln und um sich die Welt zu erschließen.
Es ist mir wichtig, an dieser Stelle so darauf hinzuweisen, daß auch „Trennungsrealität“ ein Teil der menschlichen Natur ist – ganz sicher ebenfalls der oligoamoren. Und daß Kategorienbildung und Bewertung per se nicht automatisch zu einem „Reich des Bösen“ gehören.

Trotzdem bin ich in meiner „Trennungsrealität“ in gewisser Weise tatsächlich „aus dem Paradies vertrieben“. Denn das, was während der Evolution – und heute noch im Straßenverkehr z.B. – mein Leben sichergestellt hat, daß stellt sich mittlerweile auch auf eine subtile und oft unbewußte Weise gegen mich: Meine Ängste.
Im Neolithikum oder bei Extremsportarten sind sie ja allemal sinnvoll: Die Angst vor Freßfeinden, großer Höhe, vor Dunkelheit, davor allein zurückgelassen oder irgendwo eingeschlossen zu werden – dies alles sind lebensbedrohliche Situationen, vor denen schon unsere Instinkte uns warnen und bewahren wollen. Aber unsere Umwelt zu Beginn des 21. Jahrhunderts, zumal in Mitteleuropa, wird davon längst nicht mehr bestimmt.
In Form von Grundgefühlen, in einer als bedrohlich empfundenen Situation, sind unsere Ängste als biologisches Erbe aber trotzdem geblieben. Und Ängste sind, wie oben beschrieben, eben genau ein Merkmal der kategorienbildenden „Trennungsrealität“: Gefährlich = Schlecht = Meiden // Förderlich = Gut = Aufsuchen.
Da wir Menschen jedoch soziale Wesen sind, und es noch niemals zuvor so viele von uns auf diesem Planeten gab, sind unsere heutigen Ängste vor allem soziale Ängste.
Der zu Beginn dieses Artikels erwähnte Daniel Hess nennt hierbei zuvorderst Angst vor Ablehnung und eventuell Strafe (inklusive Scham), Angst vor dem Alleinsein und Angst vor dem Tod (Begrenztheit, Endlichkeit).

Da Ängste fast immer intensive und buchstäblich markerschütternde Emotionen sind, führt unsere „Angst vor der Angst“ dazu, daß wir unsere Trennungsrealität dazu benutzen, all ihre Erscheinungsformen als „negativ“ zu bewerten – und versuchen sie, um sie nicht spüren oder aushalten zu müssen, sehr häufig stattdessen lieber zu vermeiden, zu bagatellisieren, zu leugnen oder zu verdrängen (was meist heißt: uns anzupassen).
Auf diese Weise trennen wir unsere Ängste, die ja eigentlich Warnzeichen an uns selbst für einen bestimmten Umstand sind, der dringlich zu bewerten wäre, von uns ab.

Der kürzlich verstorbene Familientherapeuth Jesper Juul nannte als wichtigste Werte³ seiner fast 50jährigen Beobachtungserfahrung „Gleichwürdigkeit“, „Integrität“, „Authentizität “ und „Verantwortung“.
Im Licht der „Trennungsrealität“ und unseres daraus entspringenden „Angstmanagements“ ist darauf bezogen gut zu erkennen – woher ein Hauptteil unserer derzeitigen persönlichen Probleme stammt (und warum ich z.B. mich von den Oligoamoren ebenfalls als „getrennt“ erlebe):

Verantwortung, die Jesper Juul konkret „Verantwortlichkeit“ nennt, übernehmen wir auf diese Weise für unser Sprechen und Handeln nämlich nur unvollständig. Der Teil, der an unsere eigenen Ängste rühren würde, ist dabei nämlich der Teil vom Eisberg, der unter der Oberfläche bleibt. Und aus unserer „Angst vor der Angst“ ist es uns auch auf eine etwas schaudernde, unbewußte Weise lieber, wenn diese Seite weiter unter unserer nach außen gezeigten Oberfläche verharrt. Denn für volle persönliche Verantwortlichkeit müssten wir uns zunächst mit den dortigen Ängsten und insbesondere dem, worauf sie uns hinweisen wollen, auseinandersetzen. Und dort lauern Scham vor uns selbst, vor unserer Unzulänglichkeit, unserer Begrenztheit, unseren Schwächen.
Verantwortung übernehmen – trotz dieser Unvollkommenheiten? Das ist ein noch selten geübtes, revolutionäres Konzept, dem auch ich mich noch kaum zu stellen wage…

Daß Authentizität (= echt und wahrhaftig sein) und die schon so oft von mir zitierte Integrität dabei wenigstens zum Teil auf der Strecke bleiben, ist noch viel offensichtlicher. Es muß auf diese Weise ja so sein, daß wir stets einen Teil unserer eigenen Persönlichkeit verschatten. Und das muß für unsere Gegenüber, gerade auch für die Liebsten direkt an unserer Seite furchtbar sein, insbesondere wenn sie unsere innere Ambivalenz und unsere Inkohärenz verspüren und sie sich vielleicht wiederum ihrerseits fragen, ob sie in irgendeiner Weise ursächlich für unsere Widersprüchlichkeit sind (die sich doch z.B. als Zynismus, Übertreibung oder Generalisierung äußern kann).
Und wir selber, die wir nie wagen, ganz und gar „echt“ zu sein? Werden darüber häufig depressiv oder wählen für unser Leben irgendeine Kulisse als Arbeitsmodus, die wir der Außenwelt dauerhaft präsentieren – damit niemand diesen vermeintlich häßlich ängstlichen Teil von uns entdeckt, mit dem wir es selber in uns leider aushalten müssen.
Kommunikationslehrer wie Dr. Brad Blanton, Marshall Rosenberg und Tich Nhat Hanh möchten uns genau darum mit einer manipulationsfreien und aufrichtigen Sprache zueinander bringen, damit wir uns trauen, zu unseren innerlichen Befindlichkeiten zu stehen und diesen auch Ausdruck zu verleihen – denn nur so können wir selbst und die anderen uns wirklich verstehen (Eintrag 20).

Was mir (und vermutlich vielen anderen auch) dann schließlich aber in jedem Fall den Weg zurück zur Einheitsrealität und zurück zur Verbundenheit verbaut, ist die ausbleibende Gleichwürdigkeit. Nicht nur „gleichwertig“ möchten wir sein, sondern „gleichwürdig“, das drückt Jesper Juul mit diesem Wort sehr schön aus. Und dies macht den Weg dahin so schwer. Denn irgendwo in mir gibt es einen ängstlichen Teil, bei dem ich tiefenverunsichert bin, ob der „ok“ ist. Nein, weil der ja ängstlich ist, bin ich nahezu schon überzeugt, daß er „nicht ok sein kann“.
Wer sich jemals mit Verhandlungsstrategien beschäftigt hat weiß, was es bedeutet, wenn eine Seite beim Versuch eines Interessensausgleichs den Eindruck von „ich bin nicht ok“ hat. Es bedeutet in einem Konfliktmodell die Haltung „lose“ (engl. „ich verliere“) einzunehmen. Wer in einer solchen Position feststeckt (und kein „win“ – engl. „ich gewinne“) herbeiführen kann, kann nur noch einen vermeintlichen Erfolg herbeiführen, indem die anderen Beteiligten auch verlieren müssen, also eine „lose-lose-Situation“ entsteht. Was am Ende soviel bedeutet wie „ich bin nicht ok“ – „die anderen sind auch nicht ok“.
Dieses Ergebnis wiederum verbindet sich in schrecklicher Weise mit unserer übrigen Trennungsrealität, denn zusammen mit Kategorien und Bewertungen entfalten sich dort Ausgrenzung und Machtspiele. Weil ich mir eines Teils meiner eigenen Würde nicht bewußt bin, gestehe ich auch den anderen die ihre nicht vollumfänglich zu. Und weil ich zum Überleben trotzdem vor mir selbst das Gesicht irgendwie wahren will, teile ich mir einen Selbstwert zu, über den ich irgendwie Macht ausüben kann (und sei es nur mit übler Nachrede).

Selbstverständlich entfalten sich so herrschaftliche Strukturen, formen sich ganze Gesellschaften und politische Systeme. Auch „die da oben“ mit dem „Willen zur Macht“ streben so an ihre Positionen und Posten.
Letztendliche sind dies aber die Symptome, die Wirkungen – und nicht diese sind es, die mich von meiner ersehnten Verbundenheit abhalten.

Ursächlich bin ich es selbst, in mir drin, der auf seltsame Weise vor sich selbst da und dort Scham empfindet oder schaudert, wenn er sich bei bestimmtem Denken und Handeln erwischt. Der an sich selbst merkt, wann er bestimmte Dinge bloß aus Angst tut oder sagt, der aber niemals zugeben würde, daß dies auf tiefster Ebene hinter seinen Motivationen steckt. Am schlimmsten ist es, wenn diese Ängste irrational sind, so daß man sich quasi selber in so einem Moment geradezu „verrückt“ vorkommt.
Oft sind es aber Ängste, die sehr konkrete Gestalt in uns annehmen können: Angst vor (so oft erlebter) Zurückweisung; Angst, ausgeschlossen oder allein gelassen zu werden. Oder es sind Ängste von Beschämung und Strafe (die wir mittlerweile mehr im Kopf auf uns selbst herabbeschwören), weil wir bemerken, daß wir etwas nicht so sorgfältig erledigt bzw. durchdacht haben – oder erledigen konnten, wie wir es eigentlich gewünscht hätten. Von sich selbst ertappt – ein scheußliches Gefühl…
Mit unserer eigenen Begrenztheit leben, vor uns selbst zugeben müssen, daß wir nicht alles beherrschen können, sehr viel weniger als immer perfekt sind, Schwächen und Ungeduld in uns haben, die manche Ziele wirklich außerhalb unserer Reichweite halten, ungestillte oder nicht genügend erfüllte Bedürfnisse, einige vielleicht nonkonform oder schwer kontrollierbar… – in so einigen Momenten kann das mehr Kraft kosten, als wir haben.

Ich schaue hinüber durch die Glasscheibe zu den Oligoamoren in ihrem Kontinuum, in ihrer Einheitsrealität.
Ich glaube, sie wollen mir zeigen, daß ich diese Kraft gar nicht aufzubringen bräuchte, nur weil ich glaube, daß ich immer vor mir selbst bestehen können muß.
Oligotropos, Du bist ein feiner Kerl! “ ruft gerade einer von ihnen – und wenn einen so ein ausgewachsener Eingeborener anschaut, dann glaubt man für einen kurzen Augenblick, daß man vollkommen durchsichtig wäre – und daß der dort drüben wirklich alles von einem meint, wenn er das so sagt.
Ich würde mich auch gerne so sehen.
Ich möchte Vertrauen wagen.
Und werde weiter die Glastür suchen.



¹ Jean Liedloff: „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück: Gegen die Zerstörung unserer Glücksfähigkeit in der frühen Kindheit “, C.H. Beck, 2005

² Daniel Hess: „Glücksschule – Glücklich leben & freudvoll lernen“, Novum Verlag, 2014

³ Jesper Juul: „4 Werte, die Kinder ein Leben lang tragen“, Gräfe und Unzer, 2014

Danke an Andrew Ridley auf Unsplash für das Bild.

Eintrag 25

„Hallo – darf ich Dich für ein alternatives Beziehungskonzept begeistern?“

Es gibt wahrlich dümmere Anmachsprüche als diesen – andererseits befürchte ich trotzdem, daß auch mit solch einem Auftakt die Erfolgsaussichten eher gering sein werden.
„Wie und wo kann ich denn sonst Menschen finden, die an Mehrfachbeziehungen interessiert sind?“ Ja, das ist allerdings so eine Gretchenfrage¹ und die Antwort darauf lautet wenig zielführender Weise „Überall und nirgends.“.
Die »schlechte Nachricht« diesbezüglich habe ich ja genau genommen schon in Eintrag 4 geliefert, in dem ich auf Quellen verwies, die darstellen, daß die Zahl von Menschen, die sich konsequent zur nicht-Monogamie bekennen, eher gering ist.
Es gibt indessen auch eine Art »gute Nachricht«, die da lautet, daß sich unsere Lebensentwürfe innerhalb einer persönlichen Biographie wohl noch nie zuvor so stark und wiederholt verändert haben wie die Unsrigen jetzt zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Daran ist insbesondere die Jobflexibilität beteiligt, die in ihrem Gefolge sogleich auch sowohl die Wohnortflexibilität als auch die Flexibilität hinsichtlich eigener Bindungs- und Fortpflanzungsstrategien in Beschlag nimmt. Und auf die ein oder andere Weise erwischt uns dieses gesellschaftlich Diktat alle. Sogar Menschen, die nicht ihre Erwerbsarbeit im Zentrum ihres Lebens haben, weisen heutzutage eine erstaunliche Vielfalt von Umzügen, Ortswechseln und ja, auch Zusammenlebensmodellen auf.
Die Strategien, die wir Menschen zur Bewältigung dieser Herausforderungen wählen, sind so vielfältig wie wir selbst. Und eine der großen Stärken von Homo sapiens ist doch genau genommen seine große Neugierde, anhaltende Lernfähigkeit und die Begabung zur Anpassung. Mit einer klitzekleinen – aber wichtigen! – Einschränkung:
Wir brauchen dazu ein bißchen Zeit.
Wenn wir nicht zu der sehr kleinen Avantgarde ultraspontaner Zeitgenossen gehören, stehen die meisten von uns nämlich nicht allzu sehr auf Überrumpelung bzw. die Ankündigung von oder die Aussicht auf rasche Veränderung. Und dazu würde in gewissem Sinne auch unser erster Satz in diesem Artikel gehören – und darum erntet man damit auch nur selten ein erstrahlendes Antlitz und die Erwiderung: „Mensch, auf diese Frage habe ich schon so lange gewartet; setz‘ Dich und erzähl mal! “.
Wieder ist es übrigens hauptsächlich unsere Biologie, die da unserer bisherigen Biographie zur Seite eilt und dabei erst einmal nicht mitzieht. In Eintrag 21 erwähnte ich den Neurowissenschaftler Prof. Dr. Gerald Hüther, der in seinem Buch „Was wir sind – und was wir sein könnten“ erklärt, daß unsere Gehirne grundsätzlich auf Energieeinsparung getrimmt sind und deswegen nichts lieber täten, als bei sanftem Zuckerkonsum vertraute Aufgaben zu erledigen – und auf diese Weise die so bedeutsame »Kohärenz« (=Sinnzusammenhang, Folgerichtigkeit) sicherzustellen. Unsere Gehirne belohnen uns dafür tückischerweise auch noch mit einem Wohlgefühl, „Alles in Ordnung, alles wie es sein soll“, spüren wir dann. Diese Kohärenz bildet die Grundlage für das, was allgemein als »Komfortzone« bezeichnet wird:
Denn auf eine gewisse Weise richten wir es uns alle immer ein wenig bequem in unseren aktuell etablierten Lebensverhältnissen ein. Und das ist auch notwendig, damit wir uns zumindest halbwegs ausreichend Bedürfnisse wie Lebenserhaltung, Sicherheit, Erholung und Struktur erfüllen können (auf die wir dann eventuell aufbauen, um uns irgendeine Form von Gemeinschaftlichkeit, von Kontakt und kreativer Lebensgestaltung zu erschaffen).
Das vertrackte: Weil wir sehr auf das von unseren Gehirnen erzeugte Wohlgefühl der Kohärenz abfahren (dank einem angenehmen Cocktail aus allerlei Belohnungshormonen u.a.), beruhigen wir uns hinsichtlich unserer (selbst)erzeugten Lebensverhältnisse und melden an unsere Gehirne zurück „So will ich es haben, so soll es sein“. Und unsere lieben Gehirne registrieren erfreut die zurückgemeldete Gestimmtheit als anhaltende Kohärenz, schütten noch ein wenig Endorphin aus und geben als Arbeitsmodus die Order: „Weitermachen wie bisher!“.
»Schnell« ist an so einer Komfortzone also eher wenig zu ändern und es würde sich im ersten Moment sogar so anfühlen, als ob wir gegen handfeste eigene Interessen verstoßen würden. Da sieht es also schlecht aus für unsere Werbekampagne in Sachen »alternativer Beziehungskonzepte«, zumindest, wenn wir sie im Direktmarketing an Menschen anwenden, die sich noch nie zuvor wirklich damit auseinandergesetzt haben.

Wenn wir hingegen die Stärken der Spezies Mensch, Neugier, Lernfähigkeit und Anpassungsfähigkeit, für uns arbeiten lassen möchten, dann brauchen wir also einen anderen Ansatz – und der wird wiederum nur dann erfolgreich sein können, wenn auch wir dabei unsere etablierte »Komfortzone« ein Stück weit verlassen oder aufgeben.

Als ich eine weitere Partnerin von mir zum ersten Mal traf, betrat diese damals die Wohnung von mir und meiner Familie, weil sie mit ein paar Freunden von uns dort an einem spirituellen Hauskreis teilnehmen wollte. Der Kontakt war über einen der beteiligten Freunde zustande gekommen, der weitere Teilnehmer*innen gesucht hatte, die Umstände sind jedoch fast beliebig. Fast, sage ich, denn irgendwelche „Beziehungsanbahnungsabsichten“ standen bei dem Hintergrund des Treffens eigentlich nicht im Raum. Das Wort „eigentlich“ wiederum muß ich aus zwei Gründen wählen.
Zum einen etabliert sich irgendeine Form von Beziehung unwillkürlich in jedem Fall, wenn Menschen etwas gemeinsam tun. Es gibt ja den schönen Sinnspruch „Beziehungen hat man immer…“ – und dieser ist selbstverständlich wahr, denn eine Art »Beziehung« habe ich auch zu allen Personen, mit denen ich regelmäßig im Alltag interagiere, seien es Kassierer*innen, Postbot*innen, Automechaniker*innen etc. Immer, wenn eine menschliche Interaktion eine zusätzliche Qualität bekommt, ist Beziehung da: Der Kassierer nimmt Rücksicht auf mein Tempo, weil ich regelmäßig bei ihm in der Schlange stehe; die Postbotin liefert mir mein Lieblingsmagazin knickfrei in die Hand, weil ich sie darum gebeten habe und die Automechanikerin hat schon jedes Mal diesen tragikomischen Blick, wenn ich wiedermal mit einem Wehwehchen meines Mobils in ihre Halle rolle. All diese Personen sind in diesen Momenten für mich nicht mehr »irgendjemand« – und ich bin es nicht für sie. Und das ist hinsichtlich der Beziehungsebene nicht unwichtig: Denn Beziehungen können zwar eine bestimmte Qualität behalten, was sie in einem öffentlichen Rahmen auch meistens tun – aber wir haben immer auch die Möglichkeit, sie durch Engagement zu personalisieren, zu vertiefen und zu stärken.
Zum anderen BIN ich aber innerlich keine vollendet monogame Person und hatte darüber hinaus in meinem Beziehungsleben über weite Strecken das Glück und die Freiheit denken (und sagen) zu dürfen: „Oh, da ist jetzt aber ein interessanter Mensch durch die Tür gekommen. Den würde ich gerne näher kennenlernen. Den finde ich irgendwie sympathisch. Da könnte ich mir »mehr« vorstellen“ (und dieses »mehr« hat bei mir eine Dimension wie in etwa der Marianengraben: Von „Wir können uns zusammen an bunten Fischen erfreuen“ bis hin zu „Gemeinsam in die tiefsten Tiefen“ ist alles möglich).
Selbstverständlich hatte auch ich mich zu dem Zeitpunkt „in meinem Leben eingerichtet“. Ich war Ehepartner, Familienvater, Hausmann – was für mich aber keinen Widerspruch zu obiger Sympathiebekundung darstellte. Mein Gehirn war’s zufrieden, vermeldete Kohärenz und verspürte gleichzeitig einen angenehmen Stimulus sanfter Neugierde auf die Dinge, die da kommen würden.
Und das war eine ziemlich perfekte Kombination für den daraufhin anhebenden Prozess, der gegenwärtig viel zitiert aber selten richtig aufgefasst wird: Das Kennenlernen.
Wir kennen das aus Kino und Fernsehen „Ich hab‘ da gestern jemanden kennengelernt…“. So’n Quatsch. Das Wort besteht aus den Begriffen „kennen“ (Duden: »mit jemandem, etwas [in seinen charakteristischen Eigenschaften] bekannt geworden sein und im Bewusstsein [behalten] haben; mit jemandem vertraut sein«) und „lernen“ (Duden: »sich Wissen, Kenntnisse aneignen; sich seinem Gedächtnis einprägen«) – das wird wohl kaum innerhalb eines Tages möglich sein, zumal bei so etwas Komplexen wie einer anderen menschlichen Persönlichkeit. Da würden unsere Gehirne auch einen schönen Inkohärenzalarm auslösen – passend zum Sturm des Verliebens. Aber „Kennenlernen“? Begründet einschätzen können, ob einen mit einem anderen Menschen etwas verbindet, in einem Maße, daß man es aus seinem Leben am liebsten nicht mehr missen würde? Dazu müssen wir unseren armen Gehirnen deutlich mehr Zeit einräumen. Denn die müssen in der Kennenlernphase Schwerstarbeit verrichten: Sie müssen nicht nur die bisherige Komfortzone voll liebgewonnener Kohärenz öffnen, sondern genau genommen, um die dann verlorene Effizienz wiederzuerlangen, eine neue Komfortzone – jedoch eine integrativere Version als die bisherige – erst einmal wieder erschaffen.
Was dies bedeutet, hat wohl kaum jemand zutreffender beschrieben als der französische Autor Antoine de Saint-Exupéry in seinem Buch „Der kleine Prinz “ (Original 1943):

„Komm und spiel mit mir“, schlug ihm der kleine Prinz vor.
„Ich kann nicht mit die spielen“, sagte der Fuchs. „Ich bin noch nicht gezähmt!“
„Ah, Verzeihung!“ sagte der kleine Prinz.
Aber nach einiger Überlegung fügte er hinzu: „Was bedeutet `zähmen´?“
„Zähmen, das ist eine in Vergessenheit geratene Sache“ sagte der Fuchs. „Es bedeutet, sich `vertraut machen´.“
„Vertraut machen?“
„Gewiß“, sagte der Fuchs. „Noch bist du für mich nichts als ein kleiner Junge, der hunderttausend kleinen Jungen völlig gleicht. Ich brauche dich nicht, und du brauchst mich ebensowenig. Ich bin für dich nur ein Fuchs, der hunderttausend Füchsen gleicht. Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt…“
„Ich beginne zu verstehen“, sagte der kleine Prinz.
Der Fuchs sprach weiter: „Mein Leben ist eintönig. Ich jage Hühner, die Menschen jagen mich. Alle Hühner gleichen einander. Ich langweile mich also ein wenig. Aber wenn du mich zähmst, wird mein Leben voller Sonne sein. Ich werde den Klang deines Schrittes kennen, der sich von allen anderen unterscheidet. Die anderen Schritte jagen mich unter die Erde. Der deine wird mich wie Musik aus dem Bau locken. Und dann schau! Du siehst da drüben die Weizenfelder? Ich esse kein Brot. Für mich ist der Weizen zwecklos. Die Weizenfelder erinnern mich an nichts. Aber du hast weizenblondes Haar. Oh, es wird wunderbar sein, wenn du mich einmal gezähmt hast. Das Gold der Weizenfelder wird mich an dich erinnern. Und ich werde das Rauschen des Windes im Getreide liebgewinnen.“
Der Fuchs verstummte und sah den kleinen Prinzen lange an.
„Bitte … zähme mich!“ sagte er.
„Ich möchte wohl“, antwortete der kleine Prinz, „aber ich habe nicht viel Zeit. Ich muß Freunde finden und viele Dinge kennenlernen.“
„Man kennt nur die Dinge, die man zähmt“, sagte der Fuchs. „Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgend etwas kennenzulernen. Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften. Aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr. Wenn du einen Freund willst, so zähme mich!“

Wenn wir uns jetzt ein Tränchen aus dem Augenwinkel gewischt haben, können wir an diesem kurzen Ausschnitt erkennen, daß dort all die zuvor von mir aufgezählten „,menschlichen Faktoren“ wie Neugierde (aufeinander), Lernwillen (füreinander) und Anpassung (aneinander) enthalten sind. Und mit dem Weizenbeispiel beschreibt Saint-Exupéry sogar gewissermaßen auf lyrische Weise, wie eine neue Erfahrung im Gehirn in den Kontext des bereits Bestehenden harmonisch eingefügt wird, so daß ein neuer, größerer Zusammenhang entsteht und sich wieder die angestrebte Kohärenz etablieren kann.

Was wäre nun also meine Empfehlung in Bezug auf die Frage, wie und wo man Menschen finden kann, die an Mehrfachbeziehungen interessiert sind?
Bevor die neue Besucherin unseres Hauskreises meine (Liebes)Partnerin wurde, war sie vermutlich dutzende von Malen in unserem Haus ein- und ausgegangen. Wir waren in diesem Zeitraum bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten aufeinandergetroffen, bei anderen Bekannten, auf Geburtstagsfeiern, bei Ausflügen – und damit zugleich auch in einem deutlichen Anteil von Alltag (es gibt immer Vorbereitungen, Anfahrten, Absprachen; profanes Zeug eben, die auch Teil von jedem Besonderen sind). Dabei konnten wir beide überprüfen, ob wir wechselseitig in unserem schon „bestehenden Rahmen“ überhaupt Platz hatten und ob so ein Arrangement funktionstüchtig war.
In dieser Hinsicht ist es für unsere Gehirne viel wichtiger zu notieren, wie jemand reagiert, wenn sich gerade bei ihr über dem Salat der Deckel vom Salzfass löst, als wie ein glamouröses Outfit für irgendeine Party an der selben Person aussieht…
In den allermeisten mediterranen und romanisch geprägten Ländern finden aus solchen Gründen erste Dates übrigens fast nie 1:1 statt: Neue Menschen werden zunächst in lockerer Runde dem bestehenden Freundeskreis vorgestellt – und oft wird dabei geschaut, ob das »Neue« mit dem bereits »Bestehenden« harmoniert. Und das war übrigens auch bei mir ein entscheidender Faktor: Was zu meinem »Kohärenzgefühl« maßgeblich beitrug war, wie sich meine Bestandspartnerin und meine Kinder mit dem Gast in den nächsten Monaten vertrugen – und ob sich dort selbständig Beziehungen eigener Art zu bilden begannen.

Unsere Gehirne benötigen also ein Spielfeld, auf dem sie einen neuen „Einflußfaktor“ einschätzen lernen können – und der Anteil an Vertrautem muß dabei am besten gerade ausreichend bleiben, um nicht völlig die Kohärenz – die ja auch physikalisch ein „Zusammen-Hängen“ bezeichnet – zu verlieren.
»Dating-Krampf« bedeutet für unsere Gehirne nämlich vor allem »Kampf« – also Stress. Und Stress macht uns unsicher, angespannt, leicht irritierbar und läßt uns ambivalente Signale aussenden – oder macht es bestenfalls eine Weile leicht, eventuell eine bestimmte Fassade aufrecht zu erhalten. Was wiederum für unsere Gegenüber nicht gut ist, da deren Gehirne daraufhin wahrscheinlich Inkohärenz melden werden – und wir wissen ja jetzt, daß dies eher kontraproduktiv ist.

Großmutters Rat (den auch ich nicht immer gerne höre) ist also heute wohl noch immer richtig: Tut etwas, was Ihr gerne tut, etwas, von dem Ihr begeistert seid. Und die Wahrscheinlichkeit ist erhöht, daß Ihr in solchen Kontexten viel eher Menschen treffen werdet, die Ihr dann auch buchstäblich »begeistert« – und die dann ihrerseits angetan von Euch sind…
Ein gemeinsames Interesse (ja, ich meine jetzt wirklich so etwas wie Wandern oder Töpfern) ist für unsere Gehirne nämlich ausgezeichnet, um als das oben erwähnte Spielfeld zu dienen: „Da sind andere Menschen, die tun annähernd etwas Ähnliches wie ich. Das ist gut, so soll es sein…²“.
Den etwas Mutigeren unter uns empfehle ich dahingehend möglicherweise Aktivitäten, bei denen man doch schon etwas mehr von der eigenen Persönlichkeit zeigen muß – aber darum auch bereits mehr von den anderen erfährt. Engagement in einer Selbsthilfe- oder Umweltgruppe ist da gar nicht schlecht – und auch der von mir selbst einstmals genutzte Hauskreis (es muß ja nicht kirchlich sein, es gibt ja auch Meditationsgruppen, Fastenwandern, Yoga etc.) können eine »Kennenlernatmosphäre« bieten.
Und wie schon Saint-Exupéry darstellte, ist Kennenlernen ein allmählicher, sich vertiefender Prozess, der von anfänglicher Sympathie über Freundschaft, Gemeinschaft, Harmonie, Innigkeit, Verbindung, Verbundenheit, Vertrautheit, Zuneigung, und Zusammengehörigkeit bis hin zu tiefer Liebe reichen kann.

Ich nehme an, daß mir einige Leser*innen nun entgegenhalten werden, daß auch im Töpferkurs, in der Naturschutzjugend und beim Mantrensingen bloß monogame Menschen anzutreffen sind, die bei der Erwähnung von Mehrfachbeziehungen bestenfalls etwas wie „So wie Swingen???“ sagen würden.
Statistisch höchstwahrscheinlich. Aber. An dieser Stelle möchte ich den Bogen zum Beginn dieses Artikels zurückschlagen und nochmals auf unsere höchst vielfältigen Biographien hinweisen. All die angesprochenen Gruppen und Tätigkeiten haben den enormen Bonus, daß wir darin auf Menschen jedweden Alters, Geschlechts oder Genders treffen können. Lebensentwürfe und Lebenssituationen sind im Laufe der Zeit sehr wandelbar – unser Bedürfnis nach Verbundenheit, nach sozialem Kontakt, nach Gegenseitigkeit, einem emotionalen Zuhause und ja, nach Liebe bleibt jedoch unser Leben lang. Mit wem will ich mein Leben teilen? Was nichts weniger bedeutet, daß sich unsere Strategien, wie wir zu diesem Bedürfnis stehen und es uns erfüllen können, sich an unser Leben anpassen müssen. Aber daß wir alle uns andere Menschen in unserem Dasein wünschen, denen wir uns zugehörig fühlen möchten, ist, wenn wir nicht gerade soziopathisch veranlagt sind, sicher.
Ob damit immer sexuelle Aktivität einhergeht, einhergehen muß? Dazu empfehle ich eine Haltung einzunehmen, die meinem inneren Marianengraben entspricht:
Der ist 10 km tief und in der großen Dunkelheit da unten ist sicher einiges möglich und vorstellbar. Aber auch das bloße Betrachten bunter Fische knapp unter der Oberfläche gewinnt durch nichts mehr als durch das gemeinschaftliche Teilen dieses Moments mit anderen, geliebten Menschen.



PS: Ausgerechnet Tanzen (wenn es sich nicht gerade um Salsa Rueda, Line Dance o.ä. handelt ) halte ich übrigens, wegen der vorherrschenden Ausübung in Paar-Strukturen, gerade für kein geeignetes Metier, um sich hier auf der Suche nach Mehrfachbeziehungswilligen umzusehen. Die Szene ist zudem gelegentlich geprägt von kleinen Eitelkeiten und äußerlichen Vergleichen, die schnell zu unfriedlichen Dynamiken führen können, wenn versucht wird „auf mehr als einer Hochzeit zu tanzen“…

¹ Unsere »Gretchenfrage« würde demgemäß also lauten „Wie hältst Du es mit der (nicht-)Monogamie?

² Deswegen lernen übrigens viele Menschen potentielle (Liebes)Partner*innen auf der Arbeitsstelle kennen. Neben viel dort verbrachter Zeit gibt es einen gemeinschaftlichen Kontext, vielleicht sogar eine verbindende Zielsetzung.

Danke an Subenja für die Inspiration zu diesem Artikel und Dank an Vidar Nordli-Mathisen auf Unsplash für das Foto.